Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht

Telefon: 0345 55-23186
Telefon: 0345 55-23180

Institut für Wirtschaftsrecht, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
06099 Halle (Saale)

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Zielsetzung

Die Gründung der Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht ist von dem Gedanken getragen, wirtschaftsrechtliche Zusammenhänge in ihrer die moderne Gesellschaft kennzeichnenden übergreifenden Struktur im Mehrebenenbereich von internationalem, europäischem und innerstaatlichem Recht zu erforschen.

Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass es nicht nur um klassische Aspekte z.B. des Wirtschaftsvölkerrechts geht. Vielmehr wird bewusst ein fachübergreifender Ansatz verfolgt, der sich an Gedanken anlehnt, die Philip C. Jessup erstmals in aller Deutlichkeit formuliert hat. Jessup verstand unter transnationalem Recht „das gesamte Recht, das Sachverhalte und Handlungen regelt, die über nationale Grenzen hinausgehen“. Er konkretisierte dies dahingehend, dass „das Völkerrecht und das internationale Privatrecht hierzu ebenso gehören wie sonstige Regeln, die sich nicht ohne weiteres in diese beiden klassischen Kategorien einordnen lassen“.

Auf das Wirtschaftsrecht übertragen ist der transnationale Ansatz daher so zu verstehen, dass die Gesamtheit der Rechtsregeln und des praktischen Rechtslebens erfasst wird, die sich auf das internationale Wirtschaftssystem insgesamt beziehen. Das betrifft u.a. Rechtsregeln und Rechtsentwicklungen in der Welthandelsorganisation (WTO), der Weltbank, dem Weltwährungsfond (IMF), der UNCTAD, UNIDROIT, UNCITRAL und der OECD sowie die private und gemischte (Staat-Investor) Schiedsgerichtsbarkeit, das internationale Investitionsschutzrecht, das Recht des internationalen Warenkaufes, die internationale Bankenaufsicht und das internationale Medien- und Telekommunikationsrecht.

Der beschriebene transnationale Ansatz entspricht der seit einiger Zeit im internationalen Bereich anerkannten Erkenntnis, dass wirtschaftsrechtliche Fragestellungen als Querschnittsprobleme zu behandeln sind. In den maßgeblichen internationalen Organisationen (insbesondere WTO, Weltbank, IMF) wird dies unter dem Stichwort Kohärenz im internationalen Wirtschaftssystem diskutiert. Auch im wissenschaftlichen Schrifttum ist man heute weitgehend der Überzeugung, dass eine dogmatische Differenzierung zwischen „öffentlich-rechtlichen“ und „zivilrechtlichen“ sowie zwischen „internationalen“ und „innerstaatlichen“ wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen nicht möglich ist. Vielmehr sind Wirtschaftsbeziehungen heute von einer Struktur gekennzeichnet, die grenz- und akteursübergreifend ist. Die rechtliche Gestaltung von Wirtschaftsbeziehungen vollzieht sich ohne Rücksicht auf territorial umgrenzte Jurisdiktionsbereiche und in einem Akteursrahmen, dem die klassische Differenzierung zwischen Staat und Privaten fremd ist.

Vor diesem Hintergrund verlangt die rechtliche Analyse wirtschaftlicher Zusammenhänge nach einem transnationalen Ansatz, der jurisdiktionsübergreifend Akteursstrukturen und Handlungsinstrumentarien im innerstaatlichen, europäischen und internationalen Bereich betrachtet.

An der Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht der Martin-Luther-Universität soll untersucht werden, welche Regelungsstrukturen das sich zunehmend als Netzwerk darstellende transnationale Wirtschaftssystem kennzeichnen. Das transnationale Wirtschaftssystem als Untersuchungsgegenstand wird dabei in einem möglichst weiten Sinne als deskriptiv-soziologischer Oberbegriff für die globale Gesamtheit der Akteure, Handlungsmuster und Machtstrukturen, die mit grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Transaktionen in Verbindung stehen, verstanden. Das so umschriebene transnationale Wirtschaftssystem wird im Kern durch rechtliche Mechanismen ganz unterschiedlicher Gestalt geprägt, die sich freilich aufgrund der Entstaatlichungstendenzen von bisherigen Vorstellungen rechtlicher Regulierung in weiten Bereichen unterscheiden.

Stand der Forschung

Das transnationale Wirtschaftsrecht in seiner dargelegten Struktur ist in Deutschland nicht als Forschungsgegenstand institutionell verankert. Mit dem internationalen Wirtschaftsrecht befassen sich institutionell nur wenige Universitätsinstitute, namentlich das Zentrum für Außenwirtschaftsrecht    an der Universität Münster und das Tuebingen University Research Center for International Economic Law   . Das weiterhin zu nennende Center for Transnational Law    an der Universität Köln (Prof. Dr. Klaus-Peter Berger) befasst sich nur mit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit als kleinem Ausschnitt aus dem Gesamtbereich des transnationalen Wirtschaftsrechts.

Auch materiell ist das transnationale Wirtschaftsrecht insbesondere im deutschsprachigen Raum bislang kaum erforscht. Im Gegensatz zu den USA, wo der transnationale Rechtsansatz schon längere Zeit etabliert ist, fehlt es hieran in Deutschland weitgehend. Entsprechende Veröffentlichungen zum Thema aus dem deutschsprachigen Raum sind kaum vorhanden. Dies kontrastiert auffällig mit der praktischen Relevanz, die Fragen aus dem Bereich des transnationalen Wirtschaftsrechts gerade in Deutschland zukommt. Aufgrund der intensiven internationalen Verflechtungen der deutschen Wirtschaft liegt es auf der Hand, welche Bedeutung einer fundierten diesbezüglichen Forschung zukommt.

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